Von Euskirchen nach Münstereifel
Zur Mitte des 19.
Jahrhunderts, als die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft (RhE)die großen Bahnprojekte am Rhein realisierte und man auch eine Linie
von Köln nach Trier durch die Eifel plante, sah man in Münstereifel die
Chance, einen Bahnanschluss zu bekommen. Diese Variante, von Köln durchs
Erfttal und dann weiter durch das Eschweiler Tal nach Blankenheim, war doch
erheblich kürzer und gradliniger als die geplante über Mechernich und
Kall. Das damals neue Verkehrsmittel war für die Industrie- und
Gewerbeunternehmen im Münstereifeler Raum von großer wirtschaftlicher
Bedeutung und sollte die Reisemöglichkeiten der Eifeler Bevölkerung
erheblich erleichtern. Mit diesen Argumenten versuchte der damalige Bürgermeister
Kemp aus Münstereifel, die RhE und die Regierung in Berlin davon zu überzeugen,
dass man die Bahn doch durch das Erfttal führen sollte. Jedoch blieben alle
Versuche, die geplante Eisenbahnverbindung vom Rhein an die Mosel durch Münstereifel
zu führen, ohne Erfolg. 1863 entschied die RhE sich für die Variante über
Mechernich und Kall, was nicht zuletzt der in Mechernich beheimateten
Bleierzgruben geschuldet war. Aufgrund dieser Entscheidung und der Eröffnung
der Eisenbahnstrecke von Düren nach Euskirchen am 6.Oktober 1864, war der
wirtschaftliche Niedergang der Stadt im Erfttal besiegelt. Münstereifel
verlor die einstige Führungsrolle in der Tuchindustrie- eine Jahrhunderte
alte Wollweberei und fünfzehn Gerbereien- an die benachbarte Kreisstadt
Euskirchen, die zu diesem Zeitpunkt einen Aufschwung in der Wollweberei
erlebte, begünstigt durch die verbesserte Verkehrslage.
Nach der Reichsgründung
1871 setzte sich der Staatsbahngedanke durch, der für eine verkehrsmäßige
Erschließung auch von verkehrsarmen Gebieten einstand, auch wenn sich diese
Strecken meist nicht rentierten. Im Jahre 1871 kam es dann zu ersten
Planungen einer „Sekundair-Eisenbahn von Münstereifel nach Euskirchen“.
Zum Streckenverlauf:
Die am Bahnhof
Euskirchen beginnende Strecke nach Münstereifel verlässt diesen nordöstlich
zusammen mit den abzweigenden Strecken nach Bonn und Köln, beschreibt einen
großen Bogen um das Gelände der Zuckerfabrik und erreicht das in Süd-Nord
Richtung verlaufende Erfttal. Diesem folgt sie in hochwasserfreier Lage,
jedoch in Flussnähe, den sie mit Brücken dreimal überquert (vor Arloff,
hinter Iversheim bei Greven Chemie und vor Münstereifel bei Hettner).
Die nach den
Bestimmungen der "Bahnordnung für deutsche Eisenbahnen untergeordneter
Bedeutung" vom 12. Juni 1878 erbaute eingleisige Strecke ist 14 km
lang. Sie steigt ab dem Bahnhof Euskirchen (167 m ü. NN) durchschnittlich
1:125 bis zum Bahnhof Münstereifel (272 m ü. NN), der kleinste Bogenradius
beträgt 275 m. Für die Ausführung des Oberbaus und die Betriebsführung
war ursprünglich eine Geschwindigkeit von 30 km/h vorgesehen, heute beträgt
sie 60 km/h.
Zur
Strecke:
km |
Bahnhof/Haltepunkt |
Dazu |
0,00 |
|
|
1,76 |
seit 1928 |
|
4,39 |
heute: Haltepunkt |
|
5,28 |
Papierfabrik
Alzenau |
Privatgleisanschluss
(Firma existiert heute nicht mehr) |
7,04 |
heute: Haltepunkt |
|
8,95 |
heute: Haltepunkt |
|
11,05 |
heute: Haltepunkt |
|
12,27 |
Privatgleisanschluss
(Firma existiert heute nicht mehr) |
|
13,94 |
|
Die
ersten Jahre
In
den Jahren nach dem Bau der Erfttalbahn siedeln sich, wie erhofft, im oberen
Tal der Erft neue Industriebetriebe an. Zu nennen sind hier die Seifen- und
Glycerinfabrik Greven und die Maschinenfabrik Hettner in Iversheim sowie die
Arloffer Thonwerke. Schon 1910 beantragten die Arloffer Thonwerke eine
Erweiterung ihres
Gleisanschlusses. Am 2. Oktober 1913 erhielt auch die Firma Hettner die
Genehmigung zur Errichtung eines Gleisanschlusses bei km 12,2. In diesen
Jahren verkehrte zwei Mal täglich ein Güterzug zwischen Euskirchen und Münstereifel.
Erster
Weltkrieg und die Zeit der „Regie-Eisenbahn“
Nationalsozialismus,
zweiter Weltkrieg und die Folgen
Kriegszerstörungen
am Ende des 2. Weltkrieges auf der Strecke:
km |
Ort |
Was? |
5,4 |
Stotzheim |
Widerlager
mit stählernem Überbau der Brücke über den Erftmühlenbach zerstört |
8,0 |
zw.
Kreuzweingarten und Arloff |
Widerlager
mit stählernem Überbau der Brücke über die Erft zerstört |
11,5 |
zw.
Iversheim und Münstereifel bei Peter Greven Chemie |
Widerlager
mit stählernem Überbau der Brücke über die Erft zerstört |
12,4 |
zw.
Iversheim und Münstereifel bei Hettner |
Widerlager
und Gewölbe der Brücke über die Erft zerstört |
desweitern |
Stotzheim |
EG
mit Güterschuppen ausgebrannt |
Am 20. Juni 1948 fand in
den „Westzonen“ die Währungsreform statt. Diese brachte auch einige
Neuerungen für die Erfttalbahn. So verkehrten von nun an zwei Zugpaare mehr,
die aber, außer im Berufsverkehr, schwach besetzt waren, weil das Geld fürs
Bahnfahren knapp war. Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz verkündet, dies
war die Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen
Bundesbahn. Zum Sommerfahrplan 1950 verkehrten erstmals drei durchgehende
Zugpaare von Münstereifel nach Köln und zwei von Köln nach Münstereifel.
Zum Winterfahrplan des Jahres 1951 kamen dann zusätzlich noch DB Omnibusse
„als Ergänzung des Schienenverkehrs“ zum Einsatz. Am Bahnübergang der
B51 in Arloff feierte die Bundesbahndirektion
(BD) Köln am 31. Oktober 1952 Premiere mit einer neu entwickelten
Blinklichtanlage, der ersten dieser Art im Kölner BD Bezirk.
Der 2. Oktober 1954
brachte mit dem Winterfahrplan auch die roten Schienenbusse vom Typ VT 95 ins
Erfttal. Sie verkehrten zwei mal
täglich paarweise morgens, ansonsten wurde weiter mit Dampf gefahren. Anfang
1955 wurde in Arloff das neue Stationsgebäude in Betrieb genommen und im
Oktober der
1970er, 1980er und
1990er Jahre
Mitte 1975 stellte die DB den Verkehr auf der Strecke zwischen Samstagmittag und Montagmorgen ein, auch der regelmäßige Güterverkehr wurde eingestellt. Von da an fuhren bei Bedarf nur noch Übergaben nach Stotzheim, Arloff und Bad Münstereifel. Im gleichen Jahr wurde, auch auf Drängen von Krankenversicherungsträgern im Ruhrgebiet, eine Kurswagenverbindung von Münster (Westf.) nach Bad Münstereifel eingerichtet. Diese sollte die Attraktivität der Strecke steigern und den Kurgästen blieb das Umsteigen erspart. Im folgenden Jahr wurde dieser Versuch wegen geringer Inanspruchnahme jedoch wieder eingestellt. Waren in der Vergangenheit Post- und Bahnbusse eine Ergänzung zum Zugverkehr, so entstand seit den 1980er Jahren für die Erfttalbahn eine starke Konkurrenz auf der Straße. Die Regionalverkehr Köln (RVK), ein Tochterunternehmen der Bahn, bietet mit bis zu 24 Buspaaren täglich einen zeitlich zwar längeren, aber dichteren Verkehr mit mehr Haltestellen parallel zur Schiene an. Gleichzeitig wurden wieder einmal Stilllegungsabsichten bekannt. Die örtliche Presse titelte hierzu chronologisch: „Kurstadt wird ausrangiert“, „Ein Bus ist oft besser“, „Bahn beteuert: Keine Stilllegung“, „Der Zug scheint abgefahren“, „Stilllegung ist so gut wie beschlossen“, „Kurstadt-Bahn darf weiterrollen“, „Kaum Chancen für die Strecke nach Münstereifel“, „Kurz vor dem Wiegenfest dem Tod geweiht“, „Stilllegung zum Jubiläum“. Am 15. November 1989 fand eine Podiumsdiskussion zu diesem Thema statt. Als Gäste waren u.a. Regierungspräsident Antwerpes und Bundesbahnpräsident Beck anwesend. Kurz zuvor, am 12. November des gleichen Jahres, wurde der sehr aktive Arbeitskreis „Erhaltet die Erfttalbahn“ gegründet.
Dieser setzte sich verstärkt für den Erhalt der
Strecke ein und erarbeitete verschiedene Konzepte
zur effizienten Streckenbewirtschaftung.
1990 feierte die Strecke ihr 100-jähriges Jubiläum. Kurz darauf wurde die
Strecke auf vereinfachten
Zugbetrieb (VZB) umgestellt. Nachdem die Arloffer Thonwerke, die den Löwenanteil
des Güterverkehrs auf die Strecke brachten, diesen Anfang der 1990er Jahre
von der Schiene auf die Strasse verlagerten, kam kurze Zeit später das Aus für
den gesamten schienengebunden Güterverkehr an der oberen Erft. Zum
Fahrplanjahr 1991/92 wurden auf der Erfttalbahn elf Zugpaare eingesetzt.
Seither erreichen auch Sonntagsausflügler die Kurstadt wieder mit der Bahn!
Diese Angebotsverbesserung wurde durch befristete Verträge, mitfinanziert
durch die Städte Euskirchen, Bad Münstereifel sowie den Kreis Euskirchen,
erreicht. Dennoch war die Strecke auch in dieser Zeit von der
Stillegung bedroht. Das Regionalisierungsgesetz als Teil der Bahnreform von
1994 ermöglichte langfristige Verträge zwischen den Verkehrsverbünden und
Verkehrsunternehmen. Nach dem Beitritt des Kreises Euskirchen zum
Verkehrsverbund Rhein- Sieg (VRS) wurde für die Erfttalbahn ein Vertrag bis
2013 mit der Deutschen Bahn abgeschlossen. Im Fahrplan des VRS
gehört die Erfttalbahn zur Strecke „G“ Bonn - Euskirchen - Bad Münstereifel,
die von der RB- Linie 23 „Vorgebirgsbahn“ bedient wird. Der gesamte
Oberbau wurde erneuert, um die Strecke für den ab Herbst 1998 verkehrenden,
neuen Dieseltriebwagen „Talent" fit zu machen. Im Zuge dieser Baumaßnahmen
wurden alle sonstigen „überflüssigen“ Gleisanlagen entfernt, es bleibt
nur noch das Stammgleis übrig. Der Abschnitt Euskirchen - Bad Münstereifel
wird werktags bis 20:50 Uhr (16
Zugpaare), samstags bis 17:50 Uhr
(11 Zugpaare) jede Stunde, sowie sonn- und feiertags bis 18:50 Uhr (5
Zugpaare) alle 2 Stunden befahren.
Mit der Erfttalbahn
ins neue Jahrtausend
Seit einiger
Zeit werden weitere Maßnahmen
beraten, um die Attraktivität der Strecke zu steigern. So ist die Anlegung
neuer Haltepunkte (z.B. in Roitzheim) und die Verlegung von Haltepunkten (z.B.
in Stotzheim) im Gespräch. Auch die Umgestaltung der Haltepunkte wird
avisiert. Begonnen wird 2002 mit der Neugestaltung des Bahnhofgeländes in Bad
Münstereifel. Nachdem bereits seit 2001 das Bahnhofsgebäude restauriert und
umgebaut wird, sollen nun die Bahnsteige angehoben und eine direkte Umsteigemöglichkeit
in die Regionalbusse (Treffpunktbahnsteig) geschaffen werden.
(c) Alexander Klein, Wilfried Kurth 2002/2003
[Vorbild] | [Links] | [eMail] | [Modell] |